In Österreich teilen sich rund 137.000 Waldbesitzer:innen 81 % des Waldes und etwa 20.500 Menschen haben ihren Arbeitsplatz im Wald (Waldbericht 2023) – die Zielgruppe ist demnach groß: Das Projekt FWSafeXR sensibilisiert alle, die im Wald tätig sind, für das Thema Arbeitssicherheit im Wald. Unter Leitung des Austrian Institute for Technology (AIT) und mit den Partnern Forstliche Ausbildungsstätten (FAST) Traunkirchen und Ossiach des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW), Samariterbund Österreich, Rotes Kreuz Oberösterreich und Mindconsole GmbH und im Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML) über dafne.at ist ein Trainingsprototyp entstanden, der dabei unterstützen soll, die Arbeitssicherheit im Wald zu verbessern bzw. Waldunfällen vorzubeugen.
Wald in Österreich: Wirtschaftsfaktor und Risiken der Waldbewirtschaftung
Die Waldfläche in Österreich nimmt weiter zu und beträgt mehr als vier Millionen Hektar, dies entspricht 47,9 Prozent der Staatsfläche. Damit ist der Wald neben seinen Ökosystemleistungen wie Erholung, Wohlfahrt und Schutz auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die Auswirkungen des Klimawandels sind auch im Wald zu spüren. Sturmschäden und damit einhergehende Schädigungen durch Borkenkäfer oder andere Faktoren gehen immer wieder durch die Medien und machen die Verwundbarkeit dieses Ökosystems bewusst. Die Aufarbeitung dieser Schäden ist mit zusätzlichen Gefahren in der forstlichen Arbeit verbunden.
„Die nachhaltige Bewirtschaftung unserer Wälder hat eine enorme ökonomische und ökologische Bedeutung, auch im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Die Waldarbeit stellt unsere Bäuerinnen und Bauern vor immer größere Herausforderungen, vor allem das Thema Sicherheit spielt hier eine wesentliche Rolle. Mit diesem Forschungsprojekt ermöglichen wir mit modernsten Methoden eine gute Ausbildung in einem sicheren Umfeld. Dieses Projekt ist ein Musterbeispiel für die praxisnahen und problemorientierten Forschungsaktivitäten des BML“, so Bundesminister Norbert Totschnig.
Über das Projekt FWSafeXR
Ziel des Projekts FWSafeXR ist, die Unfallrate in der Forstarbeit durch virtuelles Training zu senken. Sicherheitsbezogene Trainingsinhalte in der Forsttechnik zu identifizieren und in Extended Reality (XR) Technologie zu simulieren, stellt dabei die Herausforderung dar. Dies schließt auch den Bereich der medizinischen Ersthilfe im Wald mit ein, der sehr eng mit sicherheitsrelevanten Aspekten in der Forsttechnik verwoben ist. Weiters wurde ein Gamification-Konzept entwickelt, um das Training mittels spielerischer Elemente anzureichern. Das AIT besitzt umfassendes Know-how und große Erfahrung zum Thema Training und XR für unterschiedlichste Zielgruppen (Polizei, Notfallsanitäter:innen, Feuerwehr, Industrie Berufstraining). Im Zuge des Projekts FWSafeXR wurden drei Ausbildungsmodule als XR-Prototypen entwickelt:
1) Vorbereitende Maßnahmen vor dem Arbeitseinsatz im Wald
2) Sicherheitsrelevante Aspekte der Baumfällung (inkl. Geländesicherung)
3) Anforderung und Einweisung eines Rettungshubschraubers
Die Vorteile der XR-Trainingslösung sind vor allem „das individuelle, wiederholbare Erleben bestimmter Lernsituationen, das zeits- und ortsunabhängige Training, die Steigerung der Lernmotivation durch den spielerischen Zugang und das sichere Lernen und Üben von gefährlichen Situationen im Wald“, unterstreicht AIT Projektleiter Raimund Schatz.
Die drei XR-Trainings-Prototypen wurden gemeinsam mit den Expert:innen der FAST Traunkirchen und Ossiach, mit dem Österreichischen Roten Kreuz Landesverband Oberösterreich und dem Samariterbund auf Richtigkeit und Funktionalität getestet. "Die verwendeten Gamification Prinzipien, das durchgängige Interaktionsprinzip und die durchgängige Designsprache motivieren und erleichtern das wiederholte Training der drei Module und den Transfer der erlernten Fertigkeiten von einem Modul zum nächsten”, erklärt Sebastian Egger-Lampl, Head of Research beim technischen Partner Mindconsole.
Im Juni 2023 fand eine großangelegte Evaluationsstudie statt, an der 73 Personen der FAST Traunkirchen teilnahmen. In der vom AIT Center for Technology Experience durchgeführten Studie wurden einerseits die User Experience und Akzeptanz der XR-Prototypen sowie andererseits auch der Mehrwert von virtuellem Training gegenüber traditionellen Lernmethoden anhand von objektiven Lerntransferkriterien untersucht.
Ergebnisse der Studie
Die AIT-Studie zeigte, dass das forstwirtschaftliche Training in XR von den Teilnehmer:innen sehr gut angenommen wurde und auch der Lernerfolg dadurch deutlich gesteigert werden konnte. Die XR-Versuchs-Gruppe machte deutlich weniger Fehler bei der Bearbeitung der Aufgaben im Vergleich zur Gruppe mit klassischen Ausbildungsunterlagen.
„Die Ergebnisse unserer Evaluationsstudie bestätigen die positiven Effekte des XR-Trainings: die XR-trainierten Teilnehmer:innen erreichten in den abschließenden praktischen Tests signifikant höhere Punktezahlen als jene Personen, die auf traditionelle Art unterwiesen wurden. Insgesamt wurde das XR-Training als sehr sinnvoll, hilfreich und motivierend bewertet, was auf eine hohe Zufriedenheit und Akzeptanz seitens der Trainees schließen lässt“, so Raimund Schatz, AIT-Projektleiter.
Florian Hader, Leiter der Forstlichen Ausbildungsstätte FAST Traunkirchen sieht das FWSafeXR-Training als großartige Bereicherung in der Ausbildung: „Die Forstlichen Ausbildungsstätten des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) tragen mit ihrem Ausbildungsprogramm zu klimafitten Wäldern der Zukunft bei. Wesentlich bei allen Waldarbeiten ist, dass die Unfallgefahren richtig eingeschätzt werden und auch die Rettungskette funktioniert. Mit Virtual Reality können gefährliche Situationen gefahrlos trainiert werden und die Lernenden haben Spaß dabei.“
Das Projekt aus Sicht von Samariterbund und Rotes Kreuz OÖ
Auch beim Samariterbund zeigt man sich zufrieden über die entwickelte XR-Trainingslösung: „FWSafeXR überzeugt nicht nur mit der technischen Umsetzung, sondern auch mit den vermittelten Inhalten. Man erkennt unmittelbar, dass auf die umfassende Expertise erfahrener Einsatzorganisationen zurückgegriffen wurde. Der Samariterbund sieht im Einsatz von virtuellen Realitäten eine neue Ära in der Wissensvermittlung: Schulungen und Trainings im Gesundheitsbereich können nun komplett neu gedacht werden. Entscheidend dabei ist, dass wir unsere Kreativität und technischen Möglichkeiten zum Nutzen der Menschen und der Umwelt einsetzen“, meint Samariterbund-Geschäftsführer Andreas Balog.
„Die Ergebnisse sind besonders für Organisationen relevant, die hauptsächlich im Bereich Sicherheit und Gesundheit tätig sind. Durch XR-basierte Trainingssimulationen können direkt erlebbare Fallbeispiele geschaffen werden, um die Kursteilnehmer:innen besser auf Notfallsituationen vorzubereiten. Unsere Aufgabe war, den Prozess zu begleiten, wie man Erste-Hilfe-Maßnahmen in virtuelle Anwendungen umsetzt“, sagt Roman Herndl vom OÖ Roten Kreuz, der im Projekt von Anfang eingebunden war und gemeinsam mit dem Projekt-Team des Samariterbundes auf seine Praxistauglichkeit überprüft hat.
Die gesammelten Projekterfahrungen und Arbeits- bzw. Nutzungsergebnisse fließen in die zukünftige Planung von Erste-Hilfe-Kursen bzw. Aus- und Weiterbildungen beider Einsatzorganisationen mit ein. Auch bereits bestehende E-Learning-Angebote können erweitert und ergänzt werden. „Die Erfahrungen und Ergebnisse dieses Projektes können wegweisend für weitere Schritte in der Prävention und Hilfeleistung sein. Sie tragen wesentlich dazu bei, Leben und Gesundheit der Menschen zu schützen, Hilfsfristen und Hilfeleistungen zu optimieren sowie Krankheits- und Rehabilitationszeiten zu verkürzen“, stellt Roman Herndl von OÖ Roten Kreuz fest.
Statistik: Waldunfälle und aktuelle Entwicklung
Mit der XR-Technologie soll bewusst die nächste Generation für das Thema Arbeitssicherheit im Wald sensibilisiert werden. Aber auch die ältere Generation wird adressiert. In den Altersgruppen zwischen 35 und 44 und ab 65 passierten im Jahr 2022 laut Daten der AUVA/SVA 2022 die meisten tödlichen Unfälle. Insgesamt gab es 2022 1042 Unfälle im Bereich Forstarbeit (AUVA, SVA). Davon waren 22 tödlich. Die Tendenz der Unfälle ist abnehmend, da die Vollautomatisierung durch Harvester und Forwarder die Arbeit im Wald sicherer macht. An den Forstlichen Ausbildungsstätten gibt es neben der klassischen forstlichen Ausbildung auch Sicherheitskurse für die Zielgruppe Waldbesitzer:innen (Europäischer Motorsägenführerschein u.a.).
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