< PreviousM it dem Umstieg auf Elektromobi- lität steigt zwar insgesamt der Strombedarf, aber E-Autos haben einen be- sonders hohen und besseren Wirkungsgrad im Vergleich zu Autos mit Verbrennungsmotor – gesamtheitlich betrachtet könnte der Energieeinsatz so- gar gesenkt werden. Laut einer aktuellen Untersuchung des Umweltbundesamtes würde eine vollständige Elektri- fizierung der gesamten österreichischen PKW-Flotte bis 2040 (mit aktuell über 5.150.000 PKW im Bestand) den heutigen Strombedarf um 21 Prozent erhöhen. Dieser Mehrbedarf kann durch weiteren Ausbau von erneuer- baren Energien in Österreich gedeckt werden. Kurz: Es gibt ausreichend Strom – auch, wenn nur mehr E-Autos unterwegs wären. Aus heutiger Sicht stellt nicht die benötigte Energie- menge eine Herausforderung dar, vielmehr muss die zu- sätzliche Belastung der Netze durch die Elektromobilität zukünftig entsprechend berücksichtigt werden. Mit dem Ausbau der Stromnetze, Ladestrategien für netzdien- liches und zugleich batterieschonendes Laden sowie dem Einsatz technischer Errungenschaften wie bspw. Last- managementsystemen lässt sich aber auch diese Hürde in Zukunft überwinden. W eil die elektri- schen Antriebe recht effizient sind, ist der zusätzliche Ener- giebedarf für die Verlagerung der Mobilität in das elektrische Energiesystem zwar nicht vernachlässigbar, aber auch nicht so groß, dass wir von einer Vervielfachung oder sogar einer Änderung um Größenordnungen ausgehen müssen – übrigens im Gegensatz zu einer Mobilität, die auf synthetisch Kraftstoffen basieren würde. Ein Elektroauto benötigt etwa 18 bis 20 Kilo- wattstunden Energie auf 100 Kilometer, bei einem Verbrenner ist es etwa das Dreifache davon. Aber natürlich müssen die verstärkte Nutzung von Elektromobilität und der Ausbau der erneuerbaren Energien Hand in Hand gehen. Gleichzeitig kann man versuchen, durch geeignete Steuerung der Lade- vorgänge von Batterien für Elektrofahrzeuge auf die Schwankungen bei der Erzeugung grünen Stroms zu reagieren. Und das am besten so, dass die Besitzerin- nen und Besitzer der Fahrzeuge das gar nicht bemer- ken und nicht in ihrer Mobilität eingeschränkt wären. Wasserstoff wird dabei als Energie-Speichermedium in einem überwiegend oder vollständig regenerativen Energiesystem eine entscheidende Rolle spielen. Prof. Wolfgang Gawlik ist Bereichsleiter am Institut für Ener- giesysteme und elektrische Antriebe der Technischen Universität Wien. Aktuell forschen er und sein Team daran, wie der Einsatz von E-Autos insgesamt noch flexibler gestaltet werden könnte. Markus Kaiser ist Experte für Elektromobilität beim ÖAMTC. Der Automobilclub bietet auf seiner Webseite viel Information zum Thema an, etwa eine Übersicht zu den derzeit verfügbaren Fahrzeugmodellen und Ladepunkten. Fotos: Hauke-(c)Daniel Willinger; GENÜGEND Strom? Gibt es überhaupt genügend Strom, wenn plötzlich nur mehr Elektroautos unterwegs wären? EINERSEITS & ANDERERSEITS EINERSEITS Andererseits Wolfgang Gawlik Markus Kaiser 10_REPORTos: Hauke-(c)Daniel Willinger; TIPP W er an die Anschaffung eines Elektroautos denkt, muss meist erst einmal schlucken. Denn viele Stromer sind deutlich teurer als vergleichbare Ver- brenner. Doch gibt es beim Kauf eines Neufahrzeuges staatliche Fördermit- tel. Eine von mehreren Bedingungen: DerPKW in der einfachsten Aus- stattung darf nicht mehr 60.000 Euro kosten, und der Strom zum „Betanken“ muss aus 100 Prozent erneuerbaren Energien stammen. Staatliche Fördermittel: 5.000 Euro pro PKW mit reinem Elektro- und Brennstoffzellenan- trieb. Förderungen beim Kauf von Elektroautos 2.500 Euro für Plug-in-Hybridfahr- zeuge und Elektrofahrzeuge mit einem Range Extender zur Reich- weitenverlängerung, sofern sie nicht auch über einen Dieselmotor verfügen. Reine Elektrofahrzeuge sowohl von der NoVA als auch von der motorbe- zogenen Versicherungssteuer befreit. Für Plug-In-Hybride Versicherungs- steuer nur für den verbrennungs- motorischen Anteil (Leistung und CO2-Ausstoß) fällig, überdies wird auch die Anschaffung von Ladebox oder -kabel für zuhause mit mindes- tens 600 Euro bezuschusst. Weitere Information gibt es unter www.oesterreich.gv.at Behauptung: Flachbildfernseher sind viel stromsparender als alte Röhren-Geräte (Auflösung S. 22) FAKT ODER FAKE?Die Teuerung macht vielen zu schaffen. Wenn das Geld knapp ist, wird ein Friseurbesuch zum Luxus. In Wien-Meidling wurden Menschen mit knappem Budget solche Wohlfühltermine ermöglicht. E in ganz normaler Wochen- tag mitten im Jänner: Im gemütlichen Friseursalon Neša in der Aichholzgas- se ist der Meister in seinem Element. Heute stellt er seine Fähigkeiten in den Dienst der guten Sache. Rena- te Dolejsch und Annemarie Brezik haben hier ihren ganz persönlichen Wohlfühltermin. Beide sind Kundin- nen beziehungsweise ehrenamtliche Mitarbeiterinnen des Samariter- bund-Sozialmarkts in der Böckhgasse. Gemeinsam mit Gemeinderat Jörg Neumayer und Bezirksvorsteher-Stell- vertreterin Barbara Marx ermög- licht der Friseur armutsgefährdeten Menschen einen kostenlosen Friseur- besuch. Seit der Kostenexplosion im letzten Jahr ist dieser Akt der Selbst- schätzung für manche Menschen in weite Ferne gerückt. Brezik ist bereits in den Genuss eines Haarschnitts gekommen. „Das war sehr angenehm. Ich gehe ja generell gern zum Friseur. Genaue Vorstellungen für meine Frisur hatte ich nicht. Mir war wichtig, dass sie geschnitten werden. In meinem Alter wechselt man nicht mehr so einfach die Frisur.“ Mit dem Ergebnis ist sie nach einem kurzen Kontrollblick in den Spiegel sehr zu- frieden. „Sind Sie auch zufrieden?“ Ich bejahe, und sie erwidert verschmitzt: „Na schau, wenn Sie es sind, bin ich es auch.“ Die rüstige Pensionistin ist fast täglich im Sozialmarkt in der Böckhgasse im Einsatz. Einerseits hilft sie als Ehren- amtliche im Markt mit. Andererseits GRATIS GOOD-HAIR-DAY beim Friseur Fotos: Samariterbund/C.Lipinsky 12_REPORT_REPORT os: Samariterbund/C.Lipinsky versorgt sie ihre Nachbarn, die nicht mehr so mobil sind, mit Lebensmit- teln. Zusammenhalt im Grätzl Organisiert und abgewickelt wird alles über den Samariterbund Wien. Im Sozialmarkt in der Böckhgasse 2/4 können sich die Kund:innen für einen kostenlosen Haarschnitt anmelden. „Die Teuerungswelle ist ungebrochen hoch. Und Menschen, die sich kaum die nötigsten Dinge des alltäglichen Lebens leisten können, sollen dennoch ihre Würde und ihren Selbstwert be- halten. Diese Aktion trägt auf jeden Fall dazu bei“, betont Oliver Löhlein, Geschäftsführer des Samariterbund Wiens. Vorerst war der Friseursalon Neša an insgesamt zwei Tagen im Jänner und im Februar ausschließlich für Sozial- marktkund:innen offen. Dabei wur- den bisher 30 gratis Haarschnitte für jeweils 15 Personen pro Tag angeboten. Die Kosten teilen sich die Bezirks- politiker:innen gemeinsam mit dem engagierten Friseur im Grätzl. „Es geht uns vor allem um das Wir-Gefühl in Meidling. Die Idee für diese Aktion ist uns, wie könnte es anders sein, beim Friseur gekommen. Ich persönlich würde mich sehr freuen, wenn die Idee aufgegriffen und von vielen übernom- men wird“, hofft Neumayer. Auch Marx betont den Wert der Aktion: „Ich mag diese niederschwellige Art und Weise. Und ein Friseurbesuch ist immer etwas Feines, ein kleiner Urlaub für die Seele. Und es ist als Bezirkspolitikerin auch schön zu sehen, dass der Zusammen- halt im Grätzl nach wie vor funktio- niert.“ Friseur Nebojsa Kikovic, Inhaber des Salon Neša im 12. Bezirk, war von Anfang an begeistert von dieser Idee: „Herr Neumayer und Frau Marx sind schon seit Längerem Kunden bei mir. Und bei einem Gespräch haben wir dann diese Idee geboren. Ich wollte mich unbedingt auch finanziell be- teiligen. Deshalb haben wir die Kosten gedrittelt.“ Die beiden Politiker:innen und der Salonbesitzer basteln auch bereits an weiteren Terminen. Nachahmung erwünscht. „Egal, ob Kosmetiksalon, Friseur oder Barber-Shop. Wir hoffen, dass sich viele Nachahmer:innen finden, die sich ein Herz nehmen und derartige Aktionen auch in anderen Bezirken auf die Beine stellen“, ergänzt Neu- mayer. Renate Dolesch hat soeben den Friseursessel verlassen und macht Platz für die nächste Dame. „Schön ist das schon, sich wieder einmal beim Friseur verwöhnen zu lassen. Ich war schon so lange nicht mehr, denn ich kann es mir nur noch sehr selten leisten.“ Dolesch kennt viele Menschen, vor allem Pensionist:innen, die immer stärker von Armut betroffen sind und jeden Cent drei Mal umdrehen, bevor sie ihn ausgeben. Umso mehr schätzt sie Initiativen wie diese. Zudem könnte sie sich das Leben ohne Sozialmarkt kaum mehr leisten. „Ich hoffe auf eine baldige Wieder- holung dieser Aktion. Und bis dahin werde ich die Haare einfach wachsen lassen.“ Georg Widerin INFOS zum Salon finden Sie hier: Web: www.friseur-nesa.at Gemeinderat Jörg Neumayer, Friseur Nebojsa Kikovic, Bezirksvorsteher-Stellvertreterin Barbara Marx und Oliver Löhlein, Geschäftsführer des Samariterbund Wiens, mit Kundinnen des Salons Neša Zufriedenheit garantiert: Im Friseursalon Neša kümmert man sich um alle Kund:innen. 13INFOS Georg Jelenko, Leiter Sozialmärkte Wien sozialmarkt@samariter.at Gefüllte Einkaufswagen machen Freude M enschen, die an der Armuts- grenze leben, sind zurzeit besonders von der Teuerung betroffen. Viele können sich kaum mehr das tägliche Leben leisten. Um ihnen unter die Arme zu greifen, gibt es in Wien fünf Sozialmärkte des Samariterbundes. Viele Betroffene nut- zen diese Einrichtung und können hier günstig einkaufen. Allerdings ist der Bedarf an Lebensmitteln zurzeit größer als das Angebot, das sich im Sozial- markt befindet. Um diese Schieflage zu verringern, wurde nun eine besondere Aktion gestartet: das Samariterwagerl. Unter dem Motto „Kauf´s ein, gib´s rein“ sollen möglichst viel Einkaufs- wagen für Bedürftige befüllt werden: „Benötigt werden vor allem haltbare Nahrungsmittel und Hygieneartikel“, Der Samariterbund hat eine Lebensmittelsammelaktion gestartet. Dabei werden Einkaufswagen aufgestellt, die mit haltbaren Nahrungsmitteln und Hygieneartikeln befüllt werden. erklärt der Initiator der Aktion, Georg Jelenko. Er ist Leiter der Sozialmärkte des Samariterbund Wiens. Und somit mit der Materie genauestens vertraut. Alles wird in einem speziellen Ein- kaufswagen gesammelt. Besonders gefragt sind Reis, Nudeln, Mehl, Öl und Windeln. Ist das Samariterwagerl voll, wird es abgeholt. Die Sachspen- den werden in den Sozialmärkten und Wohnungsloseneinrichtungen Men- schen zur Verfügung gestellt, die am Existenzminimum leben. Initiative ohne Ablaufdatum Die Lebensmittelsammelaktion zieht mittlerweile weite Kreise. Neben diver- sen Bezirksvorstehungen, Banken und Versicherungen waren die Einkaufswa- gen auch bei den Kinderfreunden und in einer Volkshochschule im zwölften Bezirk im Einsatz. Selbst bei einem In- stallateur und in der Sportmittelschule Donaustadt (am Kaisermühlendamm) machen sich die Einkaufswagerln gut. „Wir werden diese Aktion weiterführen, denn wir sehen in unseren Sozial- märkten jeden Tag, wie die Anzahl der Kundinnen und Kunden wächst“, betont Jelenko. Tu Gutes und sprich darüber „Die Firmen und Institutionen, die bei dieser Aktion mitmachen, haben nicht nur die Gewissheit, etwas Gutes zu tun, wir berichten auch gerne auf unseren Social-Media-Kanälen über deren soziales Engagement“, so Jelenko. Interessierte Firmen, Behörden und andere Institutionen werden herzlichst gebeten, diesbezüglich mit dem Sama- riterbund Kontakt aufzunehmen. Georg Widerin Foto: Samariterbund / C.Lipinsky Georg Jelenko, Leiter der Samariterbund- Sozialmärkte, und Bezirksvorsteher Georg Papai freuen sich über gespendete Lebensmittel für armutsbetroffene Menschen. 14_REPORTEinladung zum Tag des Samariterbundes Z um zwölften Mal findet heuer auf der Kaiser- wiese der Tag des Samariterbundes statt. Das Fest für die ganze Familie bietet ein buntes Programm, viel Action und Spaß für Kinder sowie köstliche Kulinarik. Für einen gelungenen Auftakt des Familienfestes werden die Vorführungen der Rettungs- und Therapiebegleithunde, die Präsentation von lebensrettenden Erste-Hilfe-Maßnah- men und die Besichtigung der Rettungsautos, Rettungs- motorräder, Emergency-Bikes und Quads sorgen. Weiters wird es eine Rätsel-Rallye, umfangreiche Informationen zu den Themen Pflege, Senioren-WGs, Wohnungslosenhilfe, Betreuung für Geflüchtete und kostenloser Lernhilfe sowie Gewinnspiele geben. Direkt vor dem Riesenrad im Wiener Prater präsentiert sich der Samariterbund am 3. Juni 2023 von 13 bis 19 Uhr einem breiten Publikum mit einem vielfältigen Angebot für Groß und Klein. Durch den Tag führt der beliebte ORF-Moderator Alex Jokel. Der Eintritt ist frei. Viel Spaß für Kinder Besondere Highlights für Kinder werden das Programm des Kinderliedermachers Bernhard Fibich und die Kunststücke von Clown Poppo sein. Natürlich dürfen auch heuer die beiden großen Plüschhunde Sam und Rita nicht fehlen, die mit Kindern tanzen und für viel Spaß sorgen. Weiters wird es Kasperlvorführungen, Kinderschminken, eine Hüpfburg und vieles mehr für einen actionreichen Tag geben. Köstliche Kulinarik Aber nicht nur für Kinder ist für Unterhaltung gesorgt. So dürfen sich die Besucher:innen auf Musik von den Carpats und ein köstliches Buffet der legendären Feldküche des Samariterbundes freuen: Neben vegetarischen Speisen wird es eine Grillstation mit würzigen Cevapcici geben. Der Samariterbund-Kooperationspartner und Essen-auf-Rä- dern-Produzent Gourmet wird die Gäste mit köstlichen Bio- Topfenknödel mit fruchtiger Sauce verführen. Alle Speisen sind gegen eine Spende erhältlich, die armutsbetroffenen Menschen zugutekommt. Öko-zertifiziert Der Tag des Samariterbundes ist ein barrierefreier Öko- Event. Besonders geachtet wird auf biologische und regio- nale Zutaten, klimafreundliche Mobilität, Ressourcenscho- nung und Müllvermeidung. Susanne Kritzer : Samariterbund pinsky Foto: Samariterbund / B.Breitenegger Begrüßung der Gäste: Moderator Alex Jokel, Präsidentin des ASB Wiens Susanne Drapalik und Geschäftsführer Oliver Löhlein 15_INTERN„In Wien habe ich eine Zukunft“ D er Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat das Leben von Millionen von Menschen radikal verän- dert. Unter ihnen sind auch der 16-jä- hirge Yurii und sein Freund Vladyslav. Wenige Wochen nach Kriegsbeginn können die beiden Teenager dank Unterstützung einer Hilfsorganisation gemeinsam mit anderen jugendlichen Fußballern ihres Vereins ihre Heimat Odessa, eine Millionenmetropole im Süden der Ukraine, verlassen. Während Odessa von Raketen beschos- sen wird, gelingt den Teenagern die Flucht aus der Stadt und schließlich auch aus ihrem Land. Seit einigen Monaten leben sie nun in der Grund- versorgungseinrichtung Hotel de France des Samariterbund Wiens und teilen sich mit einem dritten Jugend- lichen ein ehemaliges Hotelzimmer am Wiener Ring. In der Flüchtlingseinrichtung, die vom Fonds Soziales Wien gefördert wird und in Zusammenarbeit mit dem Ver- ein „Wir helfen rasch“ und der Atlan Privatstiftung entstanden ist, leben rund 320 vertriebene Menschen. „Der Die beiden Teenager Vladyslav und Yurii mussten vor einem Jahr aus der Ukraine flüchten und leben jetzt in der Grundversorgungs- einrichtung Hotel de France des Samariterbundes. Im Gespräch mit sam erzählen sie über ihren Alltag und ihre Träume. Foto: Samariterbund C.Lipinsky 16_REPORTINFOS Sozialberatung für Schutzsuchende aus der Ukraine Schönbrunnerstraße 222-228/Stg.1/ 6. Stock 1120 Wien Mo-Fr von 8:30 – 13:00 Uhr Tel.: +43 1 89 145 51000 sozialberatung@samariterwien.at Samariterbund Wien versorgt und betreut derzeit insgesamt rund 770 Schutzsuchende aus der Ukraine in verschiedenen Unterkünften. Zusätz- lich bieten wir aufgrund der hohen Anzahl von Vertriebenen erstmals eine Beratungsstelle eigens für Ukrainerin- nen und Ukrainer an, wo wir bisher an die 6.000 Personen beraten konnten“, sagt Susanne Drapalik, Präsidentin des Samariterbund Wiens. Chance auf Sicherheit „Die Ukraine zu verlassen war für mich eine Chance auf ein Leben in Sicherheit und auf eine Zukunft. Ich bin froh, in Wien zu sein, auch wenn mir die Ent- scheidung, meine Heimat zu verlassen, nicht leichtgefallen ist. Denn meine Eltern sind in der Ukraine geblieben und ich mache mir Sorgen um sie und vermisse sie“, erzählt der 17-jährige Vladyslav. Ähnlich geht es seinem um ein Jahr jüngeren Fußballerfreund Yurii. Trotz dieser Sorgen, lebt sich Yurii in Wien gut ein. Vormittags besucht er eine Wiener Schule und lernt zu- sätzlich Deutsch. „Mir gefällt die Architektur der Stadt und ich bin dankbar für die Hilfs- bereitschaft, die er hier erlebe“, erzählt er. Auch Vladyslav fühlt sich in der Stadt wohl. „Ich finde mich mit Google Maps gut zurecht, gehe oft spazie- ren und kann sehr gut nachvoll- ziehen, dass Wien schon mehrfach zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt wurde“, lächelt Vladyslav. Ein großer Traum Am Nachmittag steht für beide Jugendlichen das Fußballtraining auf dem Programm. Das gemein- same Ziel der beiden ist eine große Fußballkarriere. Ihr Traum ist, im ukrainischen Nationalteam zu spie- len - in einer Ukraine, in der Frieden herrscht und sie wieder zurück in ihrer Heimat sind. „Ich habe viel Kontakt zu meiner Familie in Odessa. Wir telefonieren oder schreiben uns oft. Ich hoffe, dass die Situation bald besser wird. Ich mache mir Sorgen um meine El- tern und hoffe, dass dieser Albtraum einfach aufhört“, sagt Yurii. Susanne Kritzer „Ich mache mir Sorgen um meine Eltern und hoffe, dass dieser Albtraum einfach aufhört.“ o: Samariterbund C.Lipinsky Yurii und Vladyslav träumen von einer Fußballerkarriere. 17_REPORTAUS DEM BETT HERAUSPFLEGEN Klaudia und Vanessa Pirk kümmern sich um hilfsbedürftige Menschen in deren Zuhause und finden darin ihre berufliche Erfüllung. _SERVICE18Fotos: Samariterbund M.Tadros; istock I n der Pflege kann man nicht Karriere machen.“ – „Da gibt es nur dauerstressige 12-Stun- den-Schichten.“ – „Der Arbeits- alltag ist einfach bloß eintönig.“: So lauten drei der gängigsten Klischees über den Beruf, ohne den in unserer zunehmend alternden Gesellschaft gar nichts mehr geht. Und keines dieser Vorurteile trifft zu. Wie erfüllend ihr Beruf ist, wie viel Wertvolles sie in ihrer Arbeit geben, aber eben auch zurückbekommen – davon können Klaudia und Vanessa Pirk einiges erzählen. Die beiden, Mutter und Tochter, arbeiten beim Samariterbund Wien als ganz speziell ausgebildete Pflege- und Betreuungskräfte: Klaudia ist Pflegeassistentin, Vanessa Heimhilfe. Sie betreuen bzw. pflegen Klient:in- nen, die noch nicht im Pflegeheim, sondern in ihrem eigenen Zuhause leben – Menschen, die ihren Alltag nicht mehr allein bewältigen können. Vielfältige Aufgaben Vanessa geht mit ihnen etwa zum Einkaufen oder begleitet sie zum Arzt, besorgt die notwendigen Medikamen- te und kontrolliert deren Einnahme, serviert die Mahlzeiten, unterstützt im Haushalt, beim Ankleiden oder bei der Körperpflege. Fünf bis sechs Ein- sätze leistet sie pro Tag im 23. Bezirk, manchmal auch nur vier, weil einer durchaus schon mal länger dauern kann. Ähnlich sieht es bei Klaudia im 9., 18. und 19. Bezirk aus. Die Ausbildung in der Heimhilfe dauert dreieinhalb Monate. Für Pflegeassistenz ist eine einjährige Ausbildung vorgeschrieben die sich in verschiedene Richtungen, etwa im Bereich Demenz, noch zusätzlich vertiefen lässt. Klaudia kümmert sich als Pflegeas- sistentin um diejenigen Klient:innen, die eine intensivere Betreuung be- nötigen – sei es alters- oder krank- heitsbedingt. Neben Körperpflege und Mobilisation hat sie auch therapeu- tische Aufgaben durchzuführen, wie Blutdruck- und Blutzuckerzuckermes- sen, Wundversorgung und Verbands- wechsel. Seelische Unterstützung Neben der Pflege- und Betreuungs- tätigkeit ist für Klaudia und Vanessa auch die seelische Unterstützung ihrer Anvertrauten von immenser Bedeu- tung: Einsamkeit kommt unter ihren Klient:innen oft vor. Ein wesentlicher Vorteil der Hauskrankenpflege ist, dass die Klient:innen so lange wie möglich in ihrem gewohnten Umfeld bleiben können. Für die Mitarbeiter:innen bedeutet es eine große Zufriedenheit, wenn sie die Klient:innen über Jahre betreuen bzw. pflegen können. Da der Beruf psychisch und physisch sehr fordernd ist, ist es wichtig, dass Mitarbeiter:innen Mittel und Wege finden, einen Ausgleich zum beruf- lichen Alltag zu finden. Und was müsste sich aus Sicht der Profis ändern, damit sich mehr neue Mitarbeiter:innen für die Pflege und Betreuung finden? Natürlich sollten die Rahmenbedingungen verbessert werden, aber es wäre wichtig, auch ein attraktiveres Bild der Pflege nach außen zu vermitteln „Nicht nur die Arbeitsbelastungen, sondern all das Schöne aufzuzeigen, das diesen Beruf ausmacht. Nicht nur das Negative, sondern eben auch das Positive hervorheben“, wünscht sich Klaudia Pirk. Damit sich mehr Menschen für einen Beruf in der Pflege und Betreuung entscheiden und sich dann idealer- weise dort so aufgehoben fühlen wie Klaudia und Vanessa. Pflegen heißt nicht nur Waschen oder Wundversorgung, sondern auch psychische Stütze zu sein. 19_SERVICENext >